Gliederung:
I) Allgemeine Darstellung des Sozialindikatorensystems Ia) HintergrundII) Indikatoren zu dem Lebensbereich „Arbeitsmarkt und Beschäftigungsbedingungen“
I) Allgemeine Darstellung des Sozialindikatorensystem
Die Zeitreihen des Deutschen Systems Sozialer Indikatoren (DISI) stellen ‚soziale Indikatoren‘ dar, anhand derer die gesellschaftliche Wohlfahrt und der gesellschaftliche Wandel gemessen werden soll. Grundlage für die Definition dieser Indikatoren ist ein Konzept der Lebensqualität, welches unterschiedliche gesellschaftliche Lebensbereiche umfasst. Jeder Lebensbereich lässt sich in mehrere Zielbereiche untergliedern. Für die einzelnen Zielbereiche sind wiederum Zieldimensionen definiert worden, für die jeweils ein Set sozialer Indikatoren (= Zeitreihen, statistische Maßzahlen) definiert wurde.
Die Indikator-Zeitreihen des DISI vereinen objektive Lebensbedingungen (faktische Lebensumstände wie z.B. Arbeitsbedingungen, Einkommensentwicklung) und subjektives Wohlbefinden (Wahrnehmungen, Einschätzungen, Bewertungen) der Bevölkerung in der Bundesrepublik.Die Zeitreihen beginnen mit 1950 und enden im Jahr 2013, decken also die Entwicklung der Bundesrepublik von ihrer Gründung bis weit nach der Wiedervereinigung ab.Sie ermöglichen das Verständnis gesellschaftlicher Entwicklungen auf der Grundlage gesicherter und im Zeitverlauf vergleichbarer Daten.Sie vermitteln ein in die Tiefe strukturiertes Monitoring der gesellschaftlichen Entwicklung für die Bundesrepublik Deutschland.Sie stellen eine wichtige Ergänzung der Indikatoren der VGR dar.Die Indikatoren von DISI fügen sich ein in eine laufende Diskussion auf europäischer Ebene zur Messung von Wohlfahrt und Lebensqualität, aus der verschiedene Initiativen von Statistikämtern in Europa entstanden sind.
Ia) Hintergrund:
DISI ist das Ergebnis einer in den 70er Jahren entfachten Diskussion zur Messung der Wohlstandsentwicklung eines Landes. Hans-Jürgen Krupp und Wolfgang Zapf haben diese Diskussion angestoßen. Sie haben gemeinsam 1972 in einem Gutachten für den Sachverständigenrat darauf hingewiesen, daß das Bruttoinlandsprodukt im Besonderen sowie die Kenngrößen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) im Allgemeinen für die Messung der gesellschaftlichen Wohlfahrt nicht ausreichen bzw. wichtige Aspekte außer Acht lassen. (siehe:Krupp, H.-J. und Zapf, W. (1977), Die Rolle alternativer Wohlstandsindikatoren bei der Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten, Working Paper Nr. 171, Reprint des Gutachtens für den Sachverständigenrat vom September 1972: 2011)
Sie entwarfen ein mehrdimensionales Konzept der Lebensqualität, in dem neben der VGR auch die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten und die von Individuen wahrgenommenen Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung in verschiedenen Lebensbereichen aufgenommen wird.Lebensqualität wird von den Autoren als „das von den Individuen wahrgenommene Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung“ (1977, Reprint: 2011, S. 4) definiert. Damit wird das rein nationalökonomische Wachstums- und Wohlstandskonzept durch Kategorien der Soziologie und Politikwissenschaft ergänzt, in denen „Lebensqualität eine positive Zielvorstellung (darstellt), an der sich die Bemühungen ausrichten sollen, Leistungen und Defizite in den einzelnen Lebensbereichen sowie für unterschiedliche soziale Gruppen zu messen und zu bewerten“. (Krupp/Zapf, 1977, Reprint: 2011, S. 5)
Damit werben die Autoren für eine umfassende Sozialberichterstattung, die das Erreichen von Wohlfahrtszielen in einer Gesellschaft mißt. Die Autoren erläutern das Konzept der Sozialen Indikatoren wie folgt:
„Soziale Indikatoren sind Statistiken, die sich durch mehrere Eigenschaften von üblichen Statistiken unterscheiden. Sie sollen Leistungen messen, nicht Aufwendungen. Sie sollen sich vornehmlich auf die Wohlfahrt des Einzelnen und bestimmter sozialer Gruppen beziehen, nicht auf die Aktivitäten von Behörden; allerdings kann auf eine ganze Reihe von Aggregatgrößen nicht verzichtet werden.Sie sollen über Wandlungsprozesse informieren, d.h. in Form von Zeitreihen vorgelegt werden. Sie sollen in einem theoretischen Kontext stehen, d.h. über ihre kausale Beziehung zum ‚Indikatum‘ soll möglichst große Klarheit herrschen. (… )Soziale Indikatoren sind Statistiken, die häufig weit außerhalb der amtlichen Erhebungsprogramme liegen (…).“ (Krupp/ Zapf, 1977, S. 14)
Das System Sozialer Indikatoren für Deutschland (DISI) stellt im Vergleich zu einer regierungsamtlichen Berichterstattung eine unabhängige Berichterstattung dar (vgl. Krupp/Zapf 1977, S. 7) und bezieht zusätzlich zu amtlichen Daten auch die Umfrageforschung mit ein. DISI wurde unter Heinz-Herbert Noll im früheren GESIS-ZUMA in Mannheim als Instrument für die gesellschaftliche Dauerbeobachtung konzipiert. Die erste Version von DISI wurde 1977 als Teil einer umfangreichen Sozialberichterstattung für West-Deutschland veröffentlicht (siehe: Zapf, W., Hrsg., 1977: Lebensbedingungen in der Bundesrepublik: Sozialer Wandel und Wohlfahrtsentwicklung. Frankfurt a.M., Campus).
Anhand des theoretischen Konzeptes der Lebensqualität wurden die strukturellen Parameter des Indikatorensystems festgelegt. Das heisst, die Lebensbereiche und die zu ihnen gehörenden Ziel- und Messdimensionen werden operationalisiert. Daraus ergibt sich zunächst eine mehrdimensionale Struktur mit folgenden 3 Ebenen: 1) Oberste Ebene sind die gegenwärtig 14 Lebensbereiche. Sie werden in histat unter dem Thema „SIMon: Social Indicators Monitor 1950-2013“ als einzelne Studien angeboten. 2) Zweite Ebene sind die Zielbereiche. Jedem Lebensbereich sind mehrere Zielbereiche zugeordnet. 3) Dritte Ebene sind die Zieldimensionen. 4) Vierte Ebene sind die messbaren Indikatoren für sozialen Wandel und Wohlfahrt.
Für die ausgewählten Indikatoren werden die Daten zusammengestellt. Quellen sind Daten aus der amtlichen Statistik aber auch Daten aus großen Umfrageprogrammen. Ziel ist die Bereitstellung von kontinuierlichen Zeitreihen.
II) Indikatoren zu dem Lebensbereich „Arbeitsmarkt und Beschäftigungsbedingungen“
Die Daten zu dem Lebensbereich ‚Arbeitsmarkt und Beschäftigungsbedingungen ‘ setzen sich wie folgt zusammen:
- Erwerbsbeteiligung, Niveau und Struktur der Beschäftigung --- Erwerbspotential ------ Umfang der erwerbsfähigen Bevölkerung in 1000 ------ Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung an der Wohnbevölkerung
--- Erwerbsbeteiligung ------ Zahl der Erwerbspersonen ------ Allgemeine Erwerbsquote ------ Bereinigte Erwerbsquote
--- Beschäftigungsniveau ------ Zahl der Erwerbstätigen
--- Struktur der Beschäftigung ------ Anteil abhängig Beschäftigter an allen Erwerbstätigen ------ Anteil der ausländischen Erwerbstätigen an allen Erwerbstätigen ------ Berufliche Qualifikation der Erwerbstätigen ------ Anteil der Erwerbstätigen im primären Sektor ------ Anteil der Erwerbstätigen im sekundären Sektor ------ Anteil der Erwerbstätigen im tertiären Sektor ------ Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit 1 Beschäftigten ------ Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit 2-9 Beschäftigten ------ Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit 10-49 Beschäftigten ------ Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit 50-499 Beschäftigten ------ Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten ------ Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ------ Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
- Arbeitsmarktchancen und Risiken --- Beschäftigungsdefizite und –wünsche ------ Arbeitslosenquote ------ Zahl der Kurzarbeiter ------ Berufswunsch nicht erwerbstätiger Frauen ------ Teilzeitarbeitandrangziffer ------ Subjektive Arbeitsmarktchancen von Arbeitnehmern ------ Subjektive Arbeitsmarktchancen von nicht erwerbstätigen Frauen
--- Berufswahlfreiheit ------ Nachfrage-Angebots-Relation von Ausbildungsplätzen
--- Beschäftigungsrisiko ------ Befürchtungen arbeitslos zu werden ------ Befürchtungen die Stelle wechseln zu müssen
--- Sicherheit des Arbeitsplatzes und Wiederbeschäftigungschancen ------ Quote Langzeitarbeitslosigkeit
--- Soziale Absicherung ------ Arbeitslosensicherungsquote I ------ Arbeitslosensicherungsquote II ------ Arbeitslosensicherungsquote III ------ Absicherung subjektiv unzureichend (nach berufl. Stellung)
- Qualität der Beschäftigungsbedingungen --- Arbeitszeit ------ Durchschnittliche tarifliche Wochenarbeitszeit ------ Tarifliche Wochenarbeitszeit 39 Stunden und mehr ------ Nachtarbeitsquote ------ Quote der Sonn- und Feiertagsarbeit ------ Urlaubsanspruchsniveau ------ Versicherungsdauer der Rentenversicherung
--- Sicherheit am Arbeitsplatz ------ Arbeitsunfallhäufigkeit
--- Arbeitsbelastung ------ Berufskrankheitshäufigkeit ------ Invaliditätsquote
--- Monetäre Gratifikation ------ Reallohnindex ------ Bruttostundenverdienst Facharbeiter ------ Frauen-Männer-Verdienstrelation Facharbeiter ------ Arbeiter/Angestellte Verdienstrelation
--- Arbeitsinhalt ------ Lohnniveau ------ Lohngerechtigkeit
--- Arbeitszufriedenheit ------ Allgemeine Arbeitszufriedenheit ------ Zufriedenheit mit der Sicherheit am Arbeitsplatz ------ Zufriedenheit mit den Verdienstmöglichkeiten ------ Zufriedenheit mit den Arbeitszeitregelungen ------ Zufriedenheit mit den Aufstiegschancen ------ Zufriedenheit mit den Selbstgestaltungsmöglichkeiten ------ Unzufriedenheit mit der Abwechslung bei der Arbeit
Datentabellen in HISTAT (Thema: SIMon: Social Indicators Monitor 1950-2013):
- Erwerbsbeteiligung, Niveau und Struktur der Beschäftigung - Arbeitsmarktchancen und Risiken - Qualität der Beschäftigungsbedingungen
Auswahlverfahren Kommentar: Quellen
Amtlichen Statistik, Große Umfrageprogrammen
Erwerbsbeteiligung, Niveau und Struktur der Beschäftigung
- Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsstatistik Jahreszahlen.
- BMAS, Statistisches Taschenbuch.
- Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch.
- Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 4.1.1.
- Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 4.1.2.
- Statistisches Bundesamt, Online-Veröffentlichung (Ergebnisse des Mikrozensus).
Arbeitsmarktchancen und Risiken
- Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsstatistik Jahreszahlen.
- Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Berufsbildungsbericht.
- Allbus: kumulierter Allbus, eigene Berechnungen.
- Wohlfahrtssurvey, eigene Berechnungen, eigene Berechnungen.
- ZUMA-Bus, eigene Berechnungen.
Qualität der Beschäftigungsbedingungen
- BMAS, Arbeitssicherheit - Unfallverhütungsbericht Arbeit.
- Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Bericht zum Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.
- Institut für Demoskopie Allensbach; Jahrbuch der Demoskopie
- Mikrozensus, eigene Berechnungen; Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 4.1.2.
- Sozio-oekonomisches Panel, eigene Berechnungen.
- Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch.
- Statistisches Bundesamt, Fachserie 16, Reihe 2.1.
- Statistisches Bundesamt, Fachserie 16, Reihe 2.2.
- VDR, Rentenversicherung in Zeitreihen.
- Wohlfahrtssurvey, eigene Berechnungen.