„Am Anfang der Forschung über die Industrialisierung Sachsens im 19.Jahrhundert stand die Frage, warum es gerade dem Königreich Sachsen nach der Teilung im Jahr 1815 gelang, den Prozess gesamtwirtschaftlichen Wachstums als erster deutscher Staat zu beginnen. Überlegungen nach den wesentlichen Faktoren dieser sozioökonomischen Umwandlung und damit nach einer Erklärung des Industrialisierungsverlaufs – auch im regionalen Maßstab – schlossen sich an. Der sächsische Weg zum Industriestaat konnte von keinem anderen deutschen Staat identisch nachgegangen oder kopiert werden. Historische Eigentümlichkeiten und gewachsene Besonderheiten erforderten jeweils spezifische Maßnahmen und Entscheidungen, je nachdem, zu welchen Zeitpunkt mit der Industrialisierung begonnen wurde. Es ergab sich jedoch bei der Erforschung dieser Zusammenhänge, daß die Intra- und interregionalen Wechselwirkungen mit anderen deutschen Staaten und Regionen zunehmend an Bedeutung gewannen und die relative Stellung Sachsens erst durch Vergleiche mit diesen verdeutlicht und erfaßt werden konnte. Industrieregionen können nach meinem theoretischen Modell sowohl deutsche Staaten als auch Teilgebiete dieser Staaten sein. Die Industrialisierung Sachsens wurde deshalb nach und nach zu einem ‚Sonderfall‘ regionaler deutscher Industrialisierung, deren unterschiedliche Phasenverläufe in den einzelnen Staaten Ähnlichkeiten wie Verschiedenheiten aufwiesen“ (Kiesewetter, H., a.a.O., S. 199. Der Autor entwickelt zunächst ein theoretisches Konzept regionaler Industrialisierung, an dem Industrialisierungsstand und –verlauf gemessen werden können. Dieses Konzept steckt den Rahmen ab, in den die quantitativen Darlegungen und regionalen Vergleiche hineingestellt werden. Als operationalisierbares Abgrenzungskriterium für Industrieregionen, die im Zentrum der Analyse stehen, werden drei einigermaßen homogene Kriterien vorgeschlagen: Gebietsgröße (größer als 5.000 Quadratkilometer), Bevölkerungszahl (größer Als 100 Einwohner pro Quadratkilometer) und potentielle Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln. Als zeitliches Ablaufschema werden drei Stadien angenommen: erstens ein vorindustrielles, zweitens ein frühindustrielles und schließlich ein Stadium, das mit Erreichen des Zustandes eines eigendynamischen Wachstums beginnt und die eigentliche Industrialisierungsphase bildet. Inhaltlich wird regionale Industrialisierung nicht auf wirtschaftliches Wachstum von Industriebranchen – oder lediglich des sekundären – Sektors – eingeengt, sondern in den Rahmen des gesamten ökonomischen und sozialen Wandlungsprozesses eingebettet. Die Untersuchung von Hubert Kiesewetter behandelt die Ursprünge der Faktoren, die diesem ökonomischen Wachstumsprozess zugrunde lagen, und die Wirkungen, die ihm im 19. Jahrhundert folgten. Aufgrund eines reichen Archivbestandes aus dem Sächsischen Staatsarchiv Dresden, das überwiegend erstmals ausgewertet wurde, und einem Faktorenmodell der (regionalen) Industrialisierung vergleicht die Untersuchung die wichtigsten Komponenten mit etwa 30 anderen deutschen Regionen ähnlicher Größe. So zeigt sich, welche Industrialisierungsfaktoren zu welchem Zeitpunkt unverzichtbar waren und welche im Laufe des 19. Jahrhunderts an Bedeutung verloren. Der empirische (zweite) Teil der Untersuchung ist wie folgt gegliedert: Ziele und Folgen der Agrarreform; Bevölkerungswachstum, Wanderungsbewegung und Erwerbstätigkeit; die Landwirtschaft; Erzbergbau und Eisenindustrie; die Baumwollindustrie; die Maschinenbauindustrie; der Steinkohlenbergbau; der Eisenbahnbau.
Datentabellen in HISTAT:Die Datentabellen sind sachlich wie folgt gegliedert:A. Ziele und Folgen der AgrarreformB. Bevölkerungswachstum, Wanderungsbewegung und ErwerbstätigkeitC. Die LandwirtschaftD. Erzbergbau und EisenindustrieE. Die BaumwollindustrieF. Die MaschinenbauindustrieG. Der SteinkohlenbergbauH. Der Eisenbahnbau
Archivalien: Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden; Bergarchiv Freiberg.
Zeitschriften (Königreich Sachsen).
Daten aus Monographien und Aufsätzen