Berliner Jugendlängsschnitt "Jugendentwicklung und Drogen". Primärdaten der sechsten Erhebungswelle (Jugendlichenstichprobe) 1987. Berlin Youth Longitudinal Study (BYLS) "Youth development and substance use". Primary data from the sixth wave (adolescent sample) 1987.

DOI

Die Studie wurde von den Primärforschern in der Serie "Berichte aus der Arbeitsgruppe TUdrop Jugendforschung" zum Erhebungszeitpunkt wie folgt charakterisiert: Gebrauch und Mißbrauch von Suchtmitteln durch Jugendliche sind Ausdruck allgemeiner Prozesse der Jugendentwicklung, deren Besonderheit nur im Kontext des Auseinanderlaufens von Jugend- und Erwachsenenkultur verstanden werden kann. Eine Schlüsselrolle zur empirischen Überprüfung kommt prospektiven Längsschnittstudien an Normalpopulationen zu. Mit Ausnahme einer Schweizer Studie wurden alle Untersuchungen dieser Art in den U.S.A. durchgeführt. Selbst die führenden Studien von U.S.-Forschern wie Kandel, Jessor & Jessor oder Bentler genügen aber nicht den notwendigen Ansprüchen. Dies ist in theoretischen Defiziten (Ansätze der Jugendsoziologie und -psychologie sind kaum eingearbeitet) und Schwächen der empirischen Umsetzung (situationsspezifische Handlungskompetenzen und Szenenerfahrungen werden methodisch verkürzt erhoben) begründet. Drogenforschung und Jugendforschung haben dabei eins gemein: Personorientierte und situationsorientierte Ansätze stehen einander in Art verfeindeter Paradigmen unverbunden gegenüber. Im Gegensatz hierzu hat die eigene Studie zum Ziel, ein theoretisches Modell zu entwickeln und zu prüfen, welches den Drogengebrauch als eine Strategie unter anderen versteht, mit der Heranwachsende Belastungen und Chancen ihrer Jugendzeit zu bewältigen trachten. Der Schwerpunkt liegt deshalb auf der Analyse der Bewältigung jugendtypischer Entwicklungsaufgaben und der Teilhabe an der Jugendkultur. Neben einer breiten Palette jugendlicher Verhaltensbereiche, Freizeitaktivitäten und Devianzen werden die jugendtypischen ökologischen Settings, nicht nur die mit Drogenszenen verbundenen, berücksichtigt. Die Studie verwirklicht ein komplexes prospektives Längsschnittdesign, das über 2.000 Berliner Jugendliche aus drei Kohorten der Normalpopulation im Altersbereich von 11 bis 17 Jahren erfaßt. Die Erhebungen finden seit 1982 zumindest jährlich wiederholt statt. Um die unfruchtbaren Dichotomien in der Jugendforschung, wie personorientiert/situationsorientiert oder quantitativ/qualitativ zu überwinden, werden Entwicklungsmuster auf 3 Ebenen erfaßt. Die Ebenen lassen sich danach unterscheiden, wie die Interaktion von Person und Setting analysiert wird: Auf der Kovariationsebene werden Personmerkmale individuell gemessen, Informationen über die Settings beschränken sich aber auf aggregierte Massenstatistiken. Auf der Interdependenzebene werden umgekehrt die Settings durch Feldbeobachtungen und Interviews individuell erfaßt, während die Personmerkmale aggregiert sind, Auf der Transaktionsebene schließlich werden beide Seiten, Person und Setting, in Art von Fallstudien in ihrer realen Interaktion beobachtet. Zu beachten ist dabei, daß der Längsschnittcharakter auf allen Analyseebenen voll gewahrt wird. Die Ergebnisse des Berliner Jugend-Längsschnitts werden Beiträge liefern zur Ätiologie des Gebrauchs und Mißbrauchs von Suchtmitteln, zur Planung von Präventionsmaßnahmen vornehmlich in der freien Jugendarbeit und allgemein zu Fragen der Jugendentwicklung unter den Bedingungen heutiger Jugendkultur. Aus heutiger Perspektive läßt sich der Berliner Jugendlängsschnitt wie folgt zusammenfassen (Dr. Matthias Reitzle): Die Leitlinie des Berliner Jugendlängsschnitts „Jugendentwicklung und Drogen“ bestand in der Erkenntnis, dass sich individuelle Entwicklung nicht losgelöst von kontextuellen Einflüssen vollzieht. Dabei wird das Individuum als handelnde Instanz, als Betreiber seiner eigenen Entwicklung gesehen. Ein zentrales Projektziel war die Erklärung jugendlichen Problemverhaltens, primär jugendlichen Substanzgebrauchs. Anders als in bis dato vorherrschenden Ansätzen wurde dem Gebrauch von Substanzen keine einseitig medizinische Ätiologie zugeschrieben, noch sollte er mit Personmerkmalen im Sinne einer Differentiellen Psychologie erklärt werden. Vielmehr wurde Substanzgebrauch als ein Verhaltensmerkmal im Entwicklungsprozess Jugendlicher betrachtet, zu dem es, z.B. im Hinblick auf Entwicklungsaufgaben wie Peerintegration, Identitätsbildung oder die Stabilisierung des Selbstwertgefühls, andere weniger risikoreiche funktionelle Äquivalente gibt. In diesem Sinne wurden neben Substanzgebrauch rund 40 weitere für die Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher relevante Merkmale untersucht. Die Studie folgte einem Kohorten-Sequenz-Design, bei dem eine Kohorte 11,5Jähriger zwischen 1982 und 1988 im jährlichen Abstand befragt wurde, parallel dazu bis 1985 eine Kohorte 14,5Jähriger. Im Jahre 1985 wurde erneut mit der Befragung 11,5Jähriger begonnen, die bis 1988 untersucht wurden. Die drei Stichproben beanspruchten Repräsentativität für West-Berlin hinsichtlich der für die Stichprobenziehung quotierten Merkmale Schultyp, Sozialstruktur des Einzugsgebiets der Schule, Stadtbezirk und Ausländeranteil des Bezirks. Entsprechend der theoretischen Leitlinie „Entwicklung im Kontext“ wurden die standardisierten Jugendbefragungen durch parallele Befragungen der Eltern, teilstrukturierte qualitative Interviews und ausgiebige standardisiert erfasste Beobachtungen an favorisierten Freizeitorten Jugendlicher (Setting-Analyse) ergänzt. Der Stichprobenverlust zwischen zwei aufeinanderfolgenden Erhebungswellen konnte zwischen 12 und 15 Prozent gehalten werden, sofern die Heranwachsenden über das Schulsystem erreichbar waren. So gelang es z.B. für die ab 1985 befragte Kohorte, eine Beteiligung von 65 Prozent Befragter mit kompletten vier Erhebungswellen zu erreichen. Für die Gewährleistung einer langfristigen Teilnahme wurden umfangreiche Maßnahmen der Stichprobenpflege eingesetzt. Neben dem theoretischen Hintergrund und den technischen Details der Studie werden ausgewählte Ergebnisse zur konstruktiven Rolle des Substanzgebrauchs in der Entwicklung Jugendlicher, zur Entwicklung im Kontext mit dem Schwerpunkt auf Freizeitorten und zu den Auswirkungen ökonomischer Einbußen der Familie auf die Entwicklung ihrer Kinder vorgestellt. Letztlich wird über die vorbereitenden Arbeiten zu einem geplanten Follow-up berichtet. Bereitgestellt werden unter der vorliegenden PsychData-Kennung die Primärdaten der 1115 Probanden und 788 Variablen umfassenden Jugendstichprobe der sechsten Erhebungswelle aus dem Jahr 1987 inklusive des zugehörigen Kodebuchs und einer Konkordanzliste, die über die Verwendung der Einzelitems über alle Erhebungswellen hinweg informiert. Der Datensatz ist Teil einer Längsschnittstudie über sieben Wellen. Alle Datensätze werden in PsychData unter folgenden Kennungen publiziert: rems82be29, rems83be10, rems84be20, rems85be22, rems86be09, rems87be09, rems88be09.

The primary investigators of the series "Reports from the Working Group TUdrop Youth Research" characterized this survey as follows: The use and abuse of drugs by young people is an expression of the general processes of youth development, a feature that can only be understood in the context of the divergence of youth and adult cultures. Here, the key role of empirical verification is put into action in prospective longitudinal studies of normal populations. With the exception of a Swiss study, all the studies were conducted in the U.S. Even leading studies by U.S. researchers such as Kandel, Jessor, and Jessor or Bentler do not meet the necessary requirements. Specifically, theoretical deficits (youth sociology and psychology approaches are seldom incorporated) and weaknesses of the empirical implementation (measurements of situation-specific action skills and experience are consistently inadequately collected) are apparent. Drug research and youth research have one thing in common: person-oriented and situation-oriented approaches are left unrelated to each other due to the use conflicting paradigms. Therefore, assuming that drug use is one of many coping strategies, this study aims to develop a theoretical model with which to analyze how adolescents seek to overcome and cope with the ever-mounting stress and opportunities of their youth. The focus is, therefore, on the analysis of coping with age-appropriate development tasks and a youth's participation in youth culture. In addition to a wide range of juvenile behavior topics, leisure activities, and juvenile delinquencies, typical environmental settings-and not only those related to the drug scene-are considered. The study implemented a complex prospective longitudinal design which included data from more than 2,000 young people aged 11-17 years from Berlin, originating from 3 cohorts of the normal population. The surveys have been repeated at least once a year since 1982. In order to avoid dichotomies of youth research, such as considerations of person-oriented vs. situation-oriented or quantitative vs. qualitative aspects, development patterns are recorded on 3 levels. These levels help distinguish how the interaction of person and setting is analyzed. Individual characteristics are measured individually using covariant levels. Information about the settings is limited to aggregated mass statistics. On the other hand, the interdependent level settings will be individually recorded through field observations and interviews, while the individual characteristics are aggregated. Finally, on the transaction level, both sides (person and setting) will be observed in their real interaction using case studies. It should be noted that the longitudinal character at all levels of analysis is fully guaranteed. The results of the Berlin Youth Longitudinal section will provide contributions on the etiology of the use and abuse of addictive substances, for the planning of preventive measures primarily in social and welfare youth work, and assist in general issues of youth development in relation to contemporary youth culture. The Berlin Youth Longitudinal study is summarized as follows (Dr. Matthias Reitzle): A guideline of the Berlin Youth Longitudinal design "youth development and drugs" was the realization that individual development is not independent of contextual influences. The individual is seen as the acting operator of his or her own development. A key project goal was the explanation of adolescent problem behavior, primarily adolescent substance use. Unlike prevailing approaches to date, the use of substances was not attributed unilaterally to a medical etiology, nor was this use explained in terms of personal characteristics in the sense of differential psychology. Rather, substance use was considered a behavioral characteristic of youths in the development process, to which there exist-for example in terms of developmental tasks such as peer integration, identity formation and the stabilization of self-esteem-other less risky functional equivalents. Therefore, in addition to substance use, about 40 youth-relevant personality development features were examined. The study followed a cohort sequence design, in which an 11.5-year-old cohort was interviewed at yearly intervals from 1982-1988. At the same time a 14.5-year-old cohort was interviewed from 1982-1985. In 1985, a new survey of 11.5-year-olds was begun with yearly interviews lasting until 1988. The characteristics of the 3 samples are representative of West Berlin school youths for the social structure of the school's district, the city district, and the percentage of foreigners in the district. Following the theoretical guideline of "development in context", the youth standardized interviews were supplemented by parallel surveys of parents, semi-structured qualitative interviews, and analysis of extensive observations collected at typical, favorite recreational settings frequented by young people (setting analysis). The sample loss between 2 consecutive waves of the survey could be held at 12-15% as long as the adolescents could be reached through the school system. For the cohort interviewed beginning in 1985, the 4 waves of surveys yielded a 65% completion rate. To ensure long-term participation, comprehensive measures to keep track of the sample subjects were applied. In addition to the theoretical background and technical details of the study, selected results are presented concerning the constructive role of substance use in adolescent development, development in context with a focus on leisure locations, and the impact that a family's economic loss has on the children's development. Finally, preparatory work on a planned follow-up is reported. In the present PsychData record, the primary data of 1,434 subjects, 379 comprehensive youth sample variables, and the first wave of data collection from 1982 is provided, including the associated code books and a checklist that provides information on the use of individual items across all survey waves. The dataset is part of a longitudinal study comprising 7 waves of data collection. All records are published under the following labels in PsychData: rems82be29, rems83be10, rems84be20, rems85be22, rems86be09, rems87be09, rems88be09.

rems87be09_readme.txt: Beschreibung der vorliegenden Dateien; rems87be09_pd.txt: Primärdaten der Studie; rems87be09_kb.txt: Kodebuch zum Primärdatenfile rems87be09_pd.txt; rems87be09_iz.txt: Konkordanzliste der Items über die sieben Wellen des Berliner Jugendlängsschnitts

rems87be09_readme.txt: Description of the files; rems87be09_pd.txt: Primary data for the study; rems87be09_kb.txt: Codebook of primary data rems87be09_pd.txt; rems87be09_iz.txt: Concordance list of items across the seven waves of the Berliner Jugendlängsschnitt

Identifier
DOI https://doi.org/10.23668/psycharchives.7031
Metadata Access https://api.datacite.org/dois/10.23668/psycharchives.7031
Provenance
Creator Silbereisen, Rainer K.; Eyferth, Klaus
Publisher RDC
Contributor Leibniz Institut Für Psychologie (ZPID)
Publication Year 2004
OpenAccess true
Representation
Language German
Resource Type Dataset
Discipline Social Sciences